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8. Tag

 

Donnerstag 20.8.09         IGC-Downlaod   oder Online Contest (OLC)

Das Gewitter vom Vortag ist durch, der Regen vorbei, die Sonne scheint, das Frühstück schmeckt unter uralten großen Bäumen im Garten des Gästehauses am nahegelegenen Flugplatz Aubenasson. Ein warmer Sommertag kündigt sich durch schönstes Wetter und dem Lavendelduft der Provence an. Der Flug nach Hause zum 50 Kilometer östlich gelegenen Heimatflugplatz Serres sollte heute wohl kein Problem werden, auch wenn man bedenken muss, daß im Hochsommer die Inversionen vom Rhônetal den Start hier oft in den späten Mittag zwingen und die Thermik sich den bodennahen Luftschichten irgendwie verpflichtet zu sein  fühlt. Heute Morgen zeigt sich der Grund für die gemeinsame Übernachtung mit Claus-Dieter im Doppelbett: Eine Schweizer Fluggruppe aus Zürich macht hier Urlaub und hat das Haus nahezu ausgebucht. 

"Mit den Neuen kann man's ja machen", dachten sich wohl die Wespen und handeln mit uns den Frühstücks-Deal aus: Sie den Schinken - wir die Marmelade und Kaffee. Satt und zufrieden fahren wir um zehn mit dem dem Auto von gestern den Berg hinab auf den ungefähr 1500 Meter entfernten Flugplatz. Laufen dürfen wir nicht, das verbietet die Gastfreundschaft der Familie. 

Niemand ist in Eile, wir kümmern uns um Lucy und CD, dem Mistral von Claus-Dieter, die Schweizer bauen die Vereinsmaschinen auf.  Es ist schon sehr warm und kein Lüftchen regt sich. Eine Stunde später kommt der 85-jährige Flugplatzchef und Familienoberhaupt, der prima Englisch spricht. Das macht es mir möglich, etwas Schlauch und Plastikteile zu organisieren, um Lucy mit 100 Liter Wasser auszustatten, sogar dem Hecktank kann ich mit etwas Tape und altem Benzinschlauch klarmachen: Widerstand ist zwecklos.

Immer noch schiebt keiner ein Flugzeug an den Start, obgleich es inzwischen schon viertel vor zwölf ist. Vom Schleppiloten ist auch nichts zu sehen. Ich gehe zum Chef und frage, ob denn ein Start so in einer halben Stunde möglich sei, wenn's dann unten herum noch keine Thermik haben sollte, dann halt ein bisschen höher. Ich kann einfach nicht rumsitzen, zumal der Windsack inzwischen klar taleinwärts zeigt, als ob er mir die Richtung zum Furka andeuten wolle. 

"Kein Problem, aber da brauchen wir sicher einen 15 km-Schlepp nach Osten auf 1500 Meter" sagt er cool auf Englisch.

"Wieso wir??", denke ich, "schließlich habe ich keinen Doppelsitzer und landen will ich ja auch nicht mehr hier". Naja vielleicht habe ich ihn ja auch  nicht richtig verstanden....

"Das ist kein Problem" sage ich - denn lieber etwas früher einen hohen Schlepp, wenn noch kein anderer will, als sich später in eine lange Schlange einordnen zu müssen.

Um 12:15 ist Lucy klar. Die Schleppmaschine steht vor mir, Ruderkontrolle, Funkcheck und los geht's 

"Kai, read you five, are you ready?"

"Read you five also. I am ready for take-off."

Nun ist mir klar, wieso er "wir" sagte. Er ist der Schleppilot, whooow!. Ich bin beeindruckt, vermutlich der älteste Schleppilot in Europa! Der Schlepp ist super  und schon nach knapp 500 Metern Höhengewinn klinke ich in einem brauchbaren Bart neben dem Flugplatz aus, was ihm zu gefallen scheint. Das Wetter ist prima, die Inversion hat wohl verpennt. Schon um 13:15 ist das Plateaux du Vercors gequert, das Wetter voraus sieht gut aus... da muss man doch einfach nach Nordosten fliegen. So finde ich mich dreieinhalb Stunden später in 3800m am 330 km entfernten Rhônegletscher wieder und trete zufrieden den Heimweg an. 

Matterhorn

Bild:  Rhônegletscher direkt am Furka.

Bei großer Auflösung kann unterhalb des Gletschers einen Gleitschirmflieger erkennen. Der Trampelpfad rechts neben dem Gletscher ist der Aufstieg zum Furka-Pass, die Straße Nr. 19, die vom Wallis zum Oberalbpass und weiter führt.

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Es war ein problemloser Flug in tollem Wetter, die Flugstatistik zeigt es: 

  • Zwei Bärte mit mehr als 3m/s Steigen und jeweils über 1000m Höhengewinn, 
  • Das längste Teilstück hatte 77km bei einer 44er Gleitzahl mit 146 km/h Reisegeschwindigkeit
  • 786 Kilometer ist der Flug laut OLC lang, davon die ersten 720km (bis nach Serres) mit einem Schnitt von 106 km/h, der Rest war das Genießen der abendlichen Restthermik des Tages in Platznähe.
  • Über acht Stunden schönste Alpensegelfliegerei.

Claus-Dieter und Gundolf traf ich abends in Serres. Diesmal haben wir gemeinsam von unseren Flugerlebnissen erzählt. Gundolf kam in der Nacht des Vortages zurück. CD war erst um 15:00 Uhr gestartet und ist auf direktem Wege nach Serres geflogen. Am nächsten Tag hat er eine Pause eingelegt. Gern erinnerte er sich auch später an dieses Abenteuer. Ziemlich genau ein Jahr später ist Claus-Dieter leider verstorben. Wie er die Alpen bei solchen Flügen gesehen hatte, zeigen uns seine grandiosen Segelflugkalender.

Matterhorn

Bild:  Serres Flugplatz
Wieder zu Hause, aufgenommen von CD im Sommer 2007 vor dem Abflug zu einem größeren Flug mit  Lucy (LS8). Claus-Dieter wollte unbedingt mal ein Flugzeug über dem Flugplatz bei diesem Licht aufnehmen
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